Die Armbanduhr: Geschichte eines Zeitgefühls

Klaus Botta, 10.07.2016

Wie die Erfindung der Armbanduhren unsere Zeitwahrnehmung veränderte

Die mechanische Armbanduhr steht heute für Freude an hochpräziser Feinmechanik. Bei ihrer Erfindung stand sie für etwas ganz anderes: Ein neues, exakteres Zeitverständnis, welches die Menschen in ein neues Zeitalter katapultierte – auch wenn die Entwicklungsgeschichte einige Jahrzehnte dauerte.

Wider die Taschenuhr: Armbanduhren für Damen als Schmuckstück

Als der englische Juwelier John Webber um 1800 die ersten Damen-Armbanduhren fertigte, war die Uhrenmechanik bereits so weit fortgeschritten, dass selbst diese frühen Armbanduhren schon über einen Minutenzeiger verfügten. Das war durchaus nicht selbstverständlich – die älteren Taschenuhren hatten über viele Jahrhunderte keine Minutenzeiger. Armbanduhren waren daher prinzipiell immer Zweizeigeruhren – im Gegensatz zu Uhren an Kirchtürmen und sonstigen Großuhren, die über viele Jahrhunderte Einzeigeruhren waren, also nur über den Stundenzeiger verfügten.

Als wertvolle Schmuckstücke wurden Armbanduhren schon bald bei der Damenwelt beliebt. Forscher vermuten, dass es hierfür einen ganz simplen Grund geben könnte: Damentaschenuhren wurden normalerweise an langen Ketten um den Hals getragen. Wenn sich Frau nun über den Kochtopf beugte, schlug die Uhr leicht gegen den metallenen Kochtopf. Mit der Armbanduhr für Damen umging man elegant dieses Problem.

Die Damen-Armbanduhr veränderte jedoch nicht das öffentliche Leben oder das Zeitempfinden der Gesellschaft, da sie in diesem Umfeld nur eine Nebenrolle spielte.

Für die Herrenwelt kam das Tragen einer Armbanduhr für viele Jahrzehnte nicht in Frage, denn zu groß war die Sorge, dass man dann als „weibisch“ galt.

Armbanduhren für Herren und militärische Präzision

In der eher konservativen Welt der Herren-Mode waren Armbanduhren eindeutig Frauensache – bis das Militär die Nützlichkeit der Armbanduhr für sich entdeckte. 1880 entwickelte Constantin Girard für deutsche Marineoffiziere die ersten seriell gefertigten Armbanduhren für Herren, doch außerhalb des Militärs konnte sich die Armbanduhr zunächst nicht durchsetzen.

Erst durch Ihren Einsatz in der Fliegerei wurde die Armbanduhr als „Fliegeruhr“ immer beliebter und damit auch für Männer tragbar. Die Herren-Armbanduhr wurde bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges das Symbol für Abenteuer und den Aufbruch in ein modernes und technisiertes Zeitalter. Der Erste Weltkrieg bremste zunächst etwas die zivile Nutzung der Armbanduhr – machte sie dennoch zunehmend populär. In den Schützengräben war es lebensgefährlich und umständlich nach der Taschenuhr zu tasten, während bei der Armbanduhr ein einziger Blick auf das Handgelenk genügte. Zugleich ermöglichte die Uhr genaue Angriffspläne und -zeiten.

Zurück im zivilen Leben wollten die ehemaligen Soldaten nicht mehr auf ihre Armbanduhr verzichten: Der schnelle Blick auf den praktischen Zeitmesser hatte das gemächliche Hervorziehen der Taschenuhr endgültig abgelöst. Gleichzeitig bestimmte ein neues Zeitverständnis den Arbeitsrhythmus im Alltag.

Digitale Armbanduhr: Vom teuren Luxusobjekt zur Massenware

Die große Nachfrage an Armbanduhren trieb weitere technische Neuerungen voran und so wurde 1923 die erste Automatikuhr von John Harwood gefertigt, die nicht mehr per Hand aufgezogen werden musste. Minutengenaue Pünktlichkeit wurde ab den Zwanziger Jahren in der Arbeitswelt und zunehmend auch im Privatleben erwartet.

Eine echte Revolution in der Uhrenwelt war das Aufkommen digitaler Armbanduhren in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Diese waren dank Quarztechnik nicht nur wesentlich genauer, sondern entsprachen auch mehr dem Lebensgefühl einer technikaffinen und fortschrittsgläubigen Gesellschaft. Durch die industrielle Produktion sank der Preis einer Digital-Armbanduhr rasant. Musste man anfangs für eine solche Uhr noch um die 8000 Mark bezahlen, gab es nur wenige Jahre später bereits Modelle für unter 100 DM.

Seit der Erfindung der Uhr wird sie dank neuer Technologien immer genauer. Die momentan exakteste Uhr der Welt, eine Atomuhr, weicht in 140 Milliarden Jahren lediglich eine Sekunde ab. So sinnvoll immer genauere Uhren für Wissenschaft und Technik sind, wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer deutlicher, dass die zunehmende Mess- und Anzeigepräzision auch zu einer Zunahme an Zeitdruck im Alltag führen kann.

BOTTA Uhren: Mit Muße und der Einzeigeruhr gegen den Zeitdruck

Auf die Minute pünktlich sein, selbst unter schwierigen Umständen, wurde besonders in Mitteleuropa mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit. Der damit einhergehende Effizienzgedanke breitete sich besonders in den letzten Jahrzehnten rasant aus und beeinflusst seither auch zunehmend unsere Freizeit.

In der Technik sind maximale Genauigkeit und immer kleinere Zeiteinheiten von elementarer Bedeutung für komplexe technische Konstrukte wie beispielsweise Teilchenbeschleuniger oder GPS-Systeme.

Im privaten Umfeld darf man sich dagegen die Frage stellen, ob die neuen Technologien nicht schon weit über das menschlich sinnvolle Maß hinaus entwickelt wurden.

Ob nicht vielleicht auch hier „Weniger“ (an übertriebener Präzision und Komplexität) ein „Mehr“ an angemessener Zeiterfassung und damit an Lebensqualität bedeuten würde.

Genau dieser Gedanke hat im Jahr 1986 den Designer und Naturwissenschaftler Klaus Botta umgetrieben, als er in Mitten immer komplexer gestalteter Armbanduhren ein radikal vereinfachtes Modell entwarf und entwickelte: Die Einzeiger-Armbanduhr UNO.

Eine Uhr mit nur einem Zeiger war absolut neu und wurde als sehr ungewöhnlich empfunden, denn damals hatten alle Armband- und sonstigen Uhren mindestens zwei Zeiger – manche sogar sechs oder noch mehr.

Klaus Botta stellte damals die Frage, ob man denn bei solchen überfrachteten Armbanduhren „vor lauter Zeigern und Skalen denn überhaupt noch die Zeit finden könne“.

Als revolutionäres Gegenkonzept entwickelte er daraufhin die Einzeigeruhr UNO, die eine solch stringente Logik aufweist, dass sie den aktuellen Uhrenmarkt um das neue Segment „Einzeigeruhren“ erweitert hat. Auch nach 30 erfolgreichen Jahren hat die UNO nichts von ihrem damaligen Charme und ihrer ursprünglichen Aktualität eingebüßt. Wahrscheinlich ist sie heute noch mehr als damals ein entschlossenes Statement gegen eine weiter zunehmende Komplexität im Alltag.

 

Ich wünsche Ihnen einen entspannten Umgang mit der Zeit,

Ihr Klaus Botta

Klaus Botta

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