Eine Designeruhr ist eine Uhr, die von einem Designer entworfen wurde. Oder ist eine Designeruhr eine Uhr, die von einem Designer getragen wird? Oder heißt sie gar nicht Designeruhr, sondern Designuhr?
Tatsache ist, es gibt keinen feststehenden Begriff für eine Armbanduhr, die professionell gestaltet wurde. Da stellt sich schon die nächste Frage:
Was ist Design – was nicht?
Da ich selbst Designer bin, habe ich naturgemäß einen sehr direkten Bezug zu diesem Thema.
Der in meinen Ohren etwas merkwürdig klingende Begriff „Designeruhr“ kommt wahrscheinlich aus der Marketingsprache und soll dem Produkt – in diesem Fall einer Armbanduhr – etwas Besonderes, Edles verleihen und damit einen gehobenen Anspruch vermitteln und dadurch eine höhere Attraktivität erzeugen.
Aus professioneller Sicht sind „Design“ oder „Gestaltung“ zwei synonyme Begriffe, die ein vollkommen anderes Ziel verfolgen, als die Begriffe "Designuhr" oder "Designeruhr" verkörpern.
Sie beschreiben einen umfassenden und logisch strukturierten Prozess, der auf ein durchdachtes und ausgereiftes Produkt mit hohem Nutzwert abzielt. Er setzt idealerweise bereits bei der Konzeption eines neuen Produktes an und begleitet es konsequent über alle Entwicklungsstufen.
Professionelles Design berücksichtigt eine ganze Reihe von Einflussfaktoren, welche zum einen die Qualität des Produktes und zum anderen die Bedürfnisse des Benutzers berücksichtigen. In der Praxis handelt es sich um einen fein abgestimmten Entwicklungsprozess (siehe auch Blog Artikel: Entwicklung und Fertigung in Deutschland), der in mehreren aufeinander aufbauenden Stufen verläuft. Am Ende eines solchen Prozesses steht im Idealfall ein Produkt mit überlegenen Eigenschaften.
"Design" ist kein geschützter Begriff.
Mit dem Begriff „Designeruhr“ verwandte Bezeichnungen aus anderen Branchen sind beispielsweise „Designerkleidung“ „Designerschmuck“ oder „Designermöbel“. Hier schwingen sofort Begriffe wie „Haute Couture“, „elitär“, „edel“ und „teuer“ mit, obwohl prinzipiell jedes Kleidungsstück, jeder Schmuck und jedes Möbelstück von einem „Designer“ entworfen wurde. Auch wenn es sich dabei nicht unbedingt um einen Gestalter mit professioneller Ausbildung handelt.
Tatsächlich sind die Begriffe „Design“ und „Designer“ nicht offiziell geschützt und werden entsprechend inflationär gebraucht. Das führt leider zu einer Trivialisierung und einem Missbrauch der Begriffe „Design“ und „Designer“.
Die Architekten haben es besser gemacht. Die Berufsbezeichnung „Architekt“ ist streng geschützt. Mit diesem Titel darf sich in Deutschland nur derjenige schmücken, der ein abgeschlossenes Architekturstudium vorzuweisen hat und zudem noch aktives Mitglied in der Architektenkammer ist.
Designer, die ebenfalls ein abgeschlossenes Designstudium vorweisen können, kommen leider nicht in den Genuss eines solchen exklusiven Namensschutzes. Dementsprechend kann sich jeder „Designer“ nennen und auch seine Werke entsprechend titulieren.
Das zeigt sich besonders deutlich bei den erwähnten Designeruhren. Viele Armbanduhren, die so bezeichnet werden, haben rein gar nichts mit der oben beschriebenen professionellen Produktenwicklung zu tun, sondern sind nicht selten das genaue Gegenteil von sinnstiftender Gestaltung.
Design sollte nie zum Selbstzweck werden, sondern die Funktion und Aussage eines Produktes unterstützen.
Zumindest wird es so im klassischen professionellen Design mit Bauhaus-Prägung postuliert. Und das ist meiner Meinung nach auch heute, oder gerade heute, im Zeitalter der Reizüberflutung besonders zutreffend.
Nach unserer Auffassung von Gestaltung darf das Design oder, präziser ausgedrückt, die formale Gestaltung nie Selbstzweck sein. Professionelles Design erfüllt vielmehr eine ganze Reihe von unterschiedlichen Funktionen, deren Ziel es ist, ein schlüssiges Gesamtkonzept zu entwickeln.
Am Beispiel einer Armbanduhr bedeutet das:
Die Design Uhr sollte ein erkennbares Konzept besitzen und nicht eine rein formale Spielerei darstellen.
Sie sollte eine überzeugende „praktische Funktion“ besitzen, also gut ablesbar sein und einen guten Tragekomfort aufweisen.
Sie sollte eine klare „Anzeichenfunktion“ besitzen, also Ihre Bedienung gut visualisieren.
Sie sollte eine adäquate „Symbolfunktion“ enthalten, also bestimmte Werte transportieren und kommunizieren. (Beispiel: Modernität, Wertigkeit, Außergewöhnlichkeit, Logik, etc.).
Mit diesen zusätzlichen Ansprüchen, geht der Gestaltungsanspruch nochmals ein ganzes Stück über den von Bauhaus postulierten Ansatz hinaus.
Letztendlich sollte eine professionell gestaltete Armbanduhr auch eine angemessene Formensprache besitzen. Wir Designer sprechen in dem Zusammenhang von „Formalästhetik“, also der Ästhetik der Form.
Eine maßgefertigte Gestaltung erhöht den Gesamtwert einer Uhr.
Ein Designer mit entsprechender Ausbildung wird darauf achten, dass sich alle diese Faktoren wohl abgewogen zu einem harmonischen Gesamtkonzept verbinden.
Auch ein einigermaßen versierter Nutzer erkennt schnell die Unterschiede von professionellem Produktdesign zu Pseudo-Design. Auf der einen Seite steht eine harmonische Einheit mit klarer Produktsprache. Auf der anderen Seite eine konzeptlos zusammenaddierte Sammlung von Gestaltungselementen (Formen, Farben und Strukturen).
Im Unterschied zu den oben erwähnten Pseudo-Designeruhren erhöht eine fachgerechte Gestaltung den Gesamtwert der Uhr und zeigt nicht zuletzt auch Stilbewusstsein und Anspruch des Trägers.
Darin liegt der sichtbare Unterschied zu billig gemachten „Pseudo-Designeruhren“ ohne Gestaltungskonzept und Werteanspruch. Meist sind solche Produkte, sowohl technisch als auch gestalterisch, kurzlebige Modeaccessoires ohne nachhaltigen Wert.
Durch ihre Kurzlebigkeit sind sie gemessen an ihrer überschaubaren Nutzungsdauer letztendlich relativ teuer, auch wenn sie in der Anschaffung billig waren. Billige Produkte sind zudem nicht gut für den Selbstwert (siehe auch Blog Artikel: Der Wert der Wertigkeit). Darüber hinaus verkörpern sie auch das Gegenteil dessen, was wir unter Nachhaltigkeit verstehen.
Langlebigkeit ist einer der wirksamsten Beiträge zur Ressourcenschonung.
Nicht zuletzt aus diesem Grund legen wir bei unseren Produkten großen Wert darauf, dass sie sowohl technisch als auch gestalterisch langlebig sind. Denn nur dann sind sie wirklich nachhaltig und ressourcenschonend.
Dafür lohnt sich aus unserer Sicht auch ein oft zeitaufwändiger und gründlicher Gestaltungsprozess. Spätestens dann ist es auch nicht mehr entscheidend, ob eine Uhr nun Designuhr oder Designeruhr oder Armbanduhren mit Designanspruch heißt.
Entscheidend ist, dass sie zu ihrem Träger passt und ihm lange Freude bereitet.
Ich wünsche Ihnen einen entspannten Umgang mit der Zeit,
Ihr Klaus Botta
2 Kommentare
Danke für diesen interessanten Artikel. ich dachte auch immer dass Designeruhr oder Designuhr eine willkürlich ausgewählte Bezeichnung für Armbanduhren ist um sie aufzuwerten. So wie sie das in dem Artikel beschreiben gibt s ja gar nicht so viele echte Designeruhren. Ich wusste auch nicht dass sich jeder Designer nennen kann aber nicht Architekt. Ich habe wieder etwas dazugelernt. Vielen Dank dafür. Ihre Uhren gefallen mir übrigens wirklich gut und sind ja dann wohl auch echte Designeruhren. Thomas L.
Ein sehr aufschlussreicher Artikel. Ehrlich gesagt, habe ich mir noch nie wirklich Gedanken darüber gemacht, wie Armbanduhren designed werden. Mir war auch nicht klar, dass es da so ein breites Spektrum an Anspruch und Qualität gibt. Ich muss auch zugeben, dass ich jetzt, da ich Ihren Artikel gelesen habe, Ihre Uhren buchstäblich mit anderen Augen sehe und mir jetzt auch der Unterschied zu Armbanduhren ohne diesen “professionellen Designanspruch” deutlich klarer geworden ist. Meine Empfehlung: stellen Sie doch diesen Qualitätsunterschied zu anderen Uhrenmarken noch deutlicher heraus. Ich glaube, dass es vielen Ihrer Interessenten so geht wie mir: Man unterschätzt einfach den Aufwand der hinter der Entwicklung Ihrer Uhren steht. Sie haben mein (vereinfachtes) Weltbild vom Beruf des Designers zerstört. Danke dafür !